Nur eine Frage der Perspektive?

Wenn man Mann und Frau objektiv vergleicht, fallen unterschiedliche äußerliche Merkmale auf. Bei manchen mehr, bei manchen weniger. Stereotypisch gesehen, sind die Brüste der Frauen mehr ausgebildet, der Körper kurviger, die Stimme heller. Wenn wir uns von den objektiven Merkmalen distanzieren, dann kommt man früher oder später auf den wohl differentesten Grund: Frauen können Kinder gebären. Wenn man es religiös betrachtet, dann war Adam der erste Mensch, aus dessen Rippe Eva geschaffen wurde. Doch auch evolutionär – und realistisch – betrachtet braucht der Homo Sapiens seit seinem Denken, und trotz der Forschung des 21. Jahrhunderts noch immer dasselbe wie in der Steinzeit, dem Mittelalter oder der Renaissance, nämlich die Beschaffenheit eines weiblichen Körpers, um Nachkommen zur Welt zu bringen. Für mich erschließt sich nicht, wie ein Geschlecht, mit dem die menschliche Zukunft so stark verbunden ist, wie mit dem Weiblichen, so viel mehr Unrecht ertragen muss. Und da erschließt sich nur eine Frage: Wieso? Wenn wir vom oberen Beispiel des Alten Testaments ausgehen, dann ist es mir klar. Eva wird beschuldigt sich verführt haben zu lassen und vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse gegessen zu haben. Adam gibt Eva die Schuld, Eva der Schlange und so muss Eva unter Schmerzen Kinder gebären und Adam körperlich anstrengender Arbeit nachgehen. Sie werden aus dem Garten Eden verbannt, bekommen Kinder und so weiter und so fort. Gut, als die Wissenschaft noch nicht die heutigen Errungenschaften  vorwies, die Erde als Scheibe erachtet wurde und man dachte, sterben zu können, wenn man in eine Lokomotive steigt, ist es quasi verständlich. Wirklich? Klar, zu manchen Zeiten der Menschheit hatte man deutlich nicht so viel Wahl und Selbstbestimmung. Minderheiten entstehen und haben es historisch gesehen nie leicht. Kann man Frauen als eine Minderheit bezeichnen, wenn die weibliche Bevölkerung laut Geschlechterverteilung im Jahr 2018 rein zahlentechnisch circa zu 1,01:1 gleich ist? Doch was ist, wenn es keine zahlentechnische Frage ist? Es nie eine zahlentechnische Frage war, sondern nur eine der Perspektive? Nicht einmal einer vernunftbasierten? Sondern einzig und allein einer männerdominierten? Geschichte wird von den Gewinnern geschrieben. Sind Männer die Gewinner der Geschichte? Das Alte Testament, die Gutenberg-Bibel, Luthers Thesen? Jeder Kampf und jede Schlacht? Verfasser von Naturwissenschaftslehrbüchern und der Online Enzyklopädie Wikipedia? Wie würde die Geschichtsschreibung aussehen, wenn Eva das Alte Testament geschrieben hätte oder Rosalind Franklin für die Entdeckung der DNA geehrt würde? Vielleicht würde es anders ausschauen, wenn Marie immer vor Pierre Curie genannt würde oder Marthe Gautier, eine Forscherin, deren Arbeit über das Down-Syndrom von Jérome Lejeune gestohlen wurde. Wären wir woanders, wenn Frauen den Großteil unserer Geschichte geschrieben hätten?

By Isabella Miglinci

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